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Herzgeräusche bei Hunden und Katzen

Prof. Dr. Gerhard Wess

Dipl. ECVIM-CA (Innere Medizin), Dipl. ECVIM-CA (Kardiologie), Dipl ACVIM (Kardiologie)

Leiter der Abteilung für Tierkardiologie der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München

Einführung

Herzgeräusche sind oft erste Hinweise auf eine Herzerkrankung. Werden Herzgeräusche, beispielsweise im Zusammenhang mit einer Junghund-Impfung vom Tierarzt gehört, sollte immer eine exakte Diagnose mit einer Herzultraschalluntersuchung erfolgen. Im Zusammenhang mit dem Auftreten eines Herzgeräusches muss bemerkt werden, dass nicht jedes Herzgeraeusch auf einen Herzfehler schliessen laesst und dass nicht jeder Herzfehler ein Geräusch verursacht- da die Unterscheidung aber nur mittels eines Herzultraschalls erfolgen kann, sollte dieser immer durchgeführt werden..
Vorsorgeuntersuchung z.B. fuer die Zucht sollten beim ca. 1-jaehrigen Hund vorgenommen werden.

Herzgeräusche können aber nicht nur durch angeborene Erkrankungen verursacht werden, sondern entwickeln sich auch oft bei älteren Hunden, wenn sich eine Herzklappenerkrankung, wie z.B. eine Mitralklappenendokardiose, entwickelt hat. Auch hier sollte eine weitere Abklärung mittels Röntgen und Herzultraschall vorgenommen werden.

Folgend ist eine recht spezielle Erklärung zu Herzgeräuschen und deren Entstehung.

Auskultation:

Auskultation = Abhören von Herz und Lunge mit einem Stethoskop

 

Die Auskultation ist ein wichtiger Teil der Herz-Kreislauf Untersuchung. Wenn ein erfahrener Arzt auskultiert, können durch die Auskultation viele, wenn auch nicht alle schwerwiegenden Herzerkrankungen erkannt werden. Einige Krankheiten, wie z.B. der persistierende Ductus arteriosus haben so typische Herzgeräusche, dass eine Verdachtsdiagnose mit hoher Wahrscheinlichkeit gestellt werden kann.Wichtig ist, immer gleichzeitig während der Auskultation den Puls zu fühlen, um ein eventuell vorhandenes Pulsdefizit (nicht jede auskultierte Herzaktion führt zu einer Pulswelle) diagnostizieren zu können. Dies deutet auf das Vorliegen einer Arrhythmie hin. Essentielle Befunde bei der Auskultation sind:

Abnormale Herzfrequenz (Bradykardie und Tachykardie)

Irregulärer Rhythmus

Abnormale Intensität der Herztöne

Zusätzliche Herztöne

Geteilte Herztöne

Herzgeräusche

Herztöne:

Unterschied Herztöne und Herzgeräusche: während Herztöne meist normale Befunde darstellen, sind Herzgeräusche abnormale Befunde. Normalerweise werden beim Kleintier nur 2 Herztöne gehört, beim Pferd können häufiger alle 4 Herztöne auskultiert werden.

1. Herzton (S1): Schluß der AV-Klappen, also der Mitral- und Trikuspidalklappe

 

2. Herzton (S2): Schluß der Semilunarklappen, also der Aorten- und Pulmonalklappe

 

3. Herzton (S3): entsteht durch Vibration des Ventrikels, v.a. bei Kardiomyopathien

4. Herzton (S4): entsteht durch die Vorhofkontraktion (welche zwar immer vorkommt, aber nicht immer zu hören ist. Typischer Weise liegt eine beeinträchtigte Relaxation des Ventrikels vor, z.B. bei hypertropher Kardiomyopathie der Katze- möglich aber auch bei alten Katzen)

Gallop Rhythmus: hier hört man zusätzlich zu dem ersten und zweiten Herzton S3 oder S4.

Die Herztöne sollten im Normalfall deutlich hörbar und immer gleich in ihrer Intensität sein. Ursachen für gedämpfte Herztöne sind Adipositas, Thorax- bzw. Perikardergüsse und intrathorakale Massen. Unterscheiden sich die Herztöne deutlich in ihrer Intensität, sind in der Regel Arrhythmien die Ursache.

Herzgeräusche:

Es wird zwischen systolischen, diastolischen und kontinuierlichen Herzgeräuschen unterschieden; 98% sind systolische Herzgeräusche - also, wenn es nicht ganz klar ist, ist es wohl systolisch - Prüfung :-)

Systolische Herzgeräusche sind kurz nach dem Schluss der AV Klappen zu hören, also nach dem ersten Herzton:

 

Beispiele für systolische Herzgeräusche. Die Zahlen 1 und 2 geben den Schluss der AV-klappen (1) und der Semilunarklappen (2) an. Bitte beachten Sie, dass das Geräusch vor dem zweiten Herzton endet.

Systolische Geräusche entstehen entweder bei einer Insuffizienz (=Regurgitation) der AV-Klappen (Mitral- und Trikuspidalklappen), oder bei einer Stenose der Aorten-oder Pulmonalklappen.

Weitere Ursachen für systolische Herzgeräusche sind kongenitale Erkrankungen, wie ein Ventrikel-Septum-Defekt, Tetralogie of Fallot u.a.

 

Hier ist ein distolisches Herzgeräusch zu sehen, im Beispiel eine Aortenklappen Insuffizienz. Das Geräusch startet nach dem zweiten Herzton. Weitere Ursachen für (seltene ) diastolische Geräusche sind Stenosen der AV-Klappen, wie Mitralklappen-Stenosen, oder Trikuspidalklappen-Stenosen.

Im unteren Teil des Bildes ist ein Beispiel für ein kontinuierliches Herzgeräusch gegeben. Hier kommt vor allem ein PDA (Persistierender Ductus Arteriosus) in Frage. Das Geräusch hört nicht auf, ist aber während der Systole etwas lauter als während der Diastole.

 

 

Lokalisierung von Herzgeräuschen:

Es ist wichtig, Herzgeräusche richtig lokalisieren zu können, da so auf die Ursache des Herzgeräusches geschlossen werden kann- natürlich spielen auch das Signalement, also Rasse und Alter eine Rolle.

 

P= Pulmonalklappe A= Aortenklappen

M = Mitralklappe

T= Trikuspidalklappe

 

Punktum maximum = dort, wo man das Herzgeräusch am lautesten hört

Pulmonalklappe u. Aortenklappe: links vorne, oft unter dem linken Vorderbein/Schulter (3/4 ICR):

Mitralklappe: apikal, also weiter hinten auf der linken Seite (5-7. ICR)

Trikuspidalklappe: rechts 4. ICR

Die PABST Regel

 

Zur Merkstütze gibt es PABST- wenn man vorne links beginnt:

Pulmonal-Aorten-Bikuspidal (=Mitralklappe)- Seitenwechsel- Trikuspidalklappe

 

Die häufigsten Herzgeräusche bei Hund sind:

Aortenstenose: systolisches HG vorne links – Pulsqualität bei hgr. Aortenstenose: schwach
Pulmonalstenose: systolisches HG vorne links - Pulsqualität bei normal
Persistierender Ductus Arteriosus (PDA): kontinuierliches HG vorne links, pochender Puls
Mitralklappeninsuffizienz: systolisches HG hinten links
Trikuspidalklappeninsuffizienz: systolisches HG hinten rechts
Ventrikel-Septum-Defekt (VSD): systolisches HG vorne rechts
Atrium-Septum-Defekt (ASD): beim ASD gibt es meistens kein Herzgeräusch, eventuell kann aber ein systolisches Herzgeräusch vorne links über der Pulmonalklappe gehört werden.

Einstufung der Herzgeräusche:

Intensität: die Intensität wird in 6 Grade eingeteilt. Hier hilft va soviele Tiere wie möglich abzuhören, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie das Herzgeräusch eingestuft wird.

 

Grad 1: sehr leise, nur in einem ruhigen Raum nach einiger Zeit zu hören

Grad 2: leise, aber sofort zu hören

Grad 3: moderate Lautstärke

Grad 4: lautes Geräusch, aber ohne Thrill

Grad 5: sehr lautes Geräusch, mit der Hand kann das Geräusch gefühlt werden (Thrill)

Grad 6: extrem laut, hörbar ohne Kontakt mit Thoraxwand

 

Herzgeräusche bei Katzen:

Bei der Katze werden die meisten Herzgeräusche am besten neben dem Sternum, bzw. parasternal gehört. Man braucht schon sehr viel Erfahrung und v.a. ein pediatrisches Stethoskop mit einer kleinen Auflagefläche, um ein Geräusch einer Klappe zuordnen zu können.

Abgesehen von kongenitalen Erkrankungen, wie ein VSD oder PDA, gibt es bei der Katze vor allem 2 erworbene systolische Heryzgeräusche, die ca. 98% der Herzgeräusche bei der Katze ausmachen: „SAM“ und „DR VOTO“

 

Leider können diese von der Lokalisation her nicht eindeutig zugeordnet werden. Deshalb sollte jede Katze mit einem Herzgeräusch einen Herzultraschall bekommen.

Systolic anterior motion = SAM

SAM: systolic anterior motion des septalen Mitralklappensegels. Dieses Herzgeräusch tritt hauptsächlich im Rahmen hypertropher Kardiomyopathien (HCM) auf. Aufgrund einer Verdickung der Muskulatur des linken Ventrikels kommt es zu einer Lageveränderung der Papillarmuskeln, an welchen über die Chordae Tendinae die Mitralklappensegel befestigt sind. Die Segel der Mitralklappe verändern nun ebenfalls ihre Lage und gelangen so näher in den Bereich des linksventrikulären Ausflusstraktes. Während der Systole verursacht ein Teil des septalen (=anterioren) Mitralsegels eine dynamisch Ausflusstrakt-Obstruktion in der Aorta. Dies führt zu einer dynamischen Subaortenstenose sowie zu einer Mitralinsuffizienz. Dies ist v.a. bei einer hohen Herzfrequenz zu beobachten und deshalb kann das dynamische Herzgeräusch verschwinden, wenn die Herzfrequenz langsamer ist.

DR VOTO: dynamic right ventricular outflow tract obstruction

 

DR VOTO: dynamic right ventricular outflow tract obstruction (Dynamische Obstruktion des rechten Ausfluss-traktes). Bei "DR VOTO" handelt es sich um ein meist gutartiges Geräusch, welches oft nur bei hohen Herzfrequenzen hörbar ist. Es entsteht durch eine übermäßige Bewegung der freien Wand des rechten Ventrikels, was zu einer Kompression und somit einer dynamischen Stenose des rechteen Ausflusstraktes führt (im Bild zu erkennen). Nur in seltenen Fällen steht es mit kardialen Erkrankungen wie Hypertrophen Kardiomyopathien in Zusammenhang, gelegentlich ist es aber auch bei Anämie, oder anderen systemischen Erkrankungen zu beobachten.

Beispiele Herzgeräusche

Bitte auf das Symbol klickem besten geht es mit Kopfhörern

Normale Auskultation: erster und zweiter Herzton, kleiner Hund über dem Apex
Normale Auskultation: erster und zweiter Herzton, kleiner Hund über der Herzbasis
Geringgradige Mitralregurgitation, musikalisches Geräusch
Mittelgradiges systolisches Herzgeräusch: Mitralregurgitation
Hochgradige Mitralregurgitation
Chaotischer Rhythmus mit einem Herzgeräusch: Vorhofflimmern und Mitralinsuffizienz
Katze: Normale Auskulation
Katze: Gallop Rhythmus- S3 aufgrund von HCM (hypertropher Kardiomyopathie
Katze: Gallop Rhythmus- weiteres Beispiel S3 aufgrund von HCM (hypertropher Kardiomyopathie
Katze: systolisches Herzgeräusch: Hypertrophe Kardiomyopathie mit SAM (systolic anterior motion der Mitralklappe)
Kontinuierliches Geräusch: und mit PDA
Nochmal ein PDA
Hier ein systolisches Geräusch von einem VSD
Systolisches Geräusch: Pulmonalstenose
Systolisches Geräusch: Subaortenstenose
Gespaltener 2-ter Herzton: Mitralklppenprolaps

Weitere Herzgeräusche

Hier haben wir weitere Beipiele von Herzgeräuschen für studenten und Tierärzte bereitgestellt. Das ganz zusammen mit Phoncardiogrammen, um die Herzgeräusche zu visualisieren