Prävalenz der Dobermann Kardiomyopathie in Deutschland/Europa
G. Wess, A. Schulze, V. Butz, J. Simak, M. Killich, L.J.M. Keller, J. Maeurer, and, K. Hartmann
erschienen in: J Vet Intern Med 2010;24:533–538
Die DCM ist eine Myokarderkrankung, die sich in einer Dilatation und verringerten Kontraktilität der Ventrikel darstellt. Bestimmte Rassen und große Hunde haben eine höhere Prädisposition für eine DCM.
Bis jetzt wurde nur beim Boxer eine entsprechende Mutation gefunden. Es scheint auch eine geschlechtsspezifische Prädisposition vorzuliegen, da laut früheren Studien männliche Dobermänner häufiger betroffen sind als weibliche. Beim großen Dänen liegt wahrscheinlich ein x-chromosomaler rezessiver Erbgang vor. Bei der Dobermann DCM scheint ein autosomal dominanter Erbgang vorzuliegen. Die verantwortlichen Gene müssen noch identifiziert werden, obwohl bereits mehrere infrage kommenden Gene ausgewählt wurden. Das bei einer DCM veränderte Myokard weißt massive Umbauvorgänge in Form fehlender Kollagenfasern, einer veränderten Kollagensynthese und bei den Kollagenverlinkungen auf. Obwohl diese Veränderungen auch bei gesunden Dobermännern vorkommen, scheinen die Veränderungen mit dem Fortschreiten der Erkrankung in Verbindung zu stehen.
Die DCM lässt sich in 3 Stadien einteilen:
1) Morphologie und EKG eines normalen Herzens, ohne klinische Anzeichen einer Herzerkrankung
2) Hinweise auf Veränderungen in Morphologie und EKG, ohne klinische Anzeichen einer Herzerkrankung = okkultes Stadium
3) Hinweise auf Veränderungen in Morphologie und EKG, mit klinischen Anzeichen einer Herzerkrankung = offenes Stadium
Die bisher vorhandenen Informationen über Prädispositionen der DCM bei Dobermännern stammen aus den USA und Canada, mit einer Prävalenz von 45-63%. Um ein Screening Programm einzurichten und einen Startzeitpunkt festlegen zu können, ist es wichtig die Prävalenz der verschiedenen Altersgruppen zu kennen. Das Ziel der Studie ist die Prävalenz der europäischen Dobermänner in verschiedenen Altersgruppen zu evaluieren. Die 412 Dobermänner umfassende Studie hat 2004 angefangen. Ausgeschlossen wurden Dobermänner mit anderen Herzerkrankungen, Tiere die nur zu einem Termin erschienen sind oder systemische Erkrankungen haben. Von insgesamt 1012 Untersuchungen wurden 775 in die Studie aufgenommen. Die untersuchten Dobermänner kamen aus D, NL, Au, Swiss, I und den Oststaaten. Eine Untersuchung beinhaltet jeweils ein 5 Min EKG, ein 24 h Holter EKG und einen Kardioultraschall.
Ergebnis
Die Prävalenz der DCM wurde für jede der 5 Altersgruppen separat berechnet, wobei jede Altersgruppe mindestens 90 Untersuchungen einschließt. Insgesamt wurden bei 92 Hunden die Kardiomyopathie in verschiedenen Stadien diagnostiziert.
In 37 % der Fälle wurden nur isolierte VES diagnostiziert, in 13 % nur Veränderungen im Ultraschall. Klinische Symptome waren bei Hunden unter 6 J. selten. Als erste Veränderung wurden häufig ventrikuläre Arrythmien gefunden, entweder singulär oder in Verbindung mit Ultraschall Veränderungen.
Zur Berechnung der kumulativen Prävalenz wurden 66 gesunde Dobermänner (>7J.) mit 92 Dobermännern mit Kardiomyopahtie verglichen. Die errechnete kumulative Prävalenz liegt bei 58,2 %
Es wurde keine geschlechtsspezifische Prävalenz festgestellt, jedoch zeigte sich das weibliche Dobermänner häufiger nur VES haben, und männliche Tiere häufiger Ultraschall Veränderungen mit VES und damit die offene DCM zeigen. Das zeigte sich mit zunehmendem Alter noch offensiver.
Diskussion
Die DCM ist häufig erblich, in erster Linie eine Myokarderkrankung und beginnt gewöhnlich erst spät. Das Fortschreiten vom verdeckten (occulten) zum offenen Stadium ist langsam, schreitet jedoch schnell voran sobald das offenen Stadium erreicht ist. Morphologisch zeigt sich die DCM in einer linksventrikulären Volumenüberladung in der Systole, Diastole oder beidem. Das EKG zeigt VES und Vorhofflimmern.
Die Veränderungen in Morphologie und EKG können entweder unabhängig voneinander Teil des Krankheitsbildes sein oder aber sich in Abhängigkeit voneinander entwickeln. Dazu gibt es von verschiedenen Studien unterschiedliche Ergebnisse. Diese Studie zeigt, daß 37% nur VES ohne Ultraschallveränderungen haben, und die Arrythmie als erste Veränderung beobachtet wurde. Wohingegen nur wenige Hunde (13%) Ultraschallveränderungen ohne Arrythmien (im Holter) zeigten. Aufgrund der Häufigkeit von EKG Veränderungen bleibt die Holter Untersuchung der sensitivste Test um eine occulte DCM aufzuzeigen.
Obwohl die Prävalenz einer DCM in Europa niedriger ist als in den USA und Canada, zeigt die Studie auch, dass die Prävalenz in Deutschland genauso hoch ist wie in den USA und Canada.
Für die Studie wurde das Alter der gesunden Hunde auf 7J. festgelegt, weil Hunde die mit 7J. noch keine Veränderungen in Ultraschall und EKG zeigen, gute Chancen haben gesund zu bleiben.
Ein Kardiomyopathie Screening Programm wurde in Deutschland vom Zuchtverein nach 3J. verfrüht gestoppt, weil die Prävalenz Ihren Aufzeichnungen nach nur sehr gering war. Dies stimmt mit den Ergebnissen der 1. Altersgruppe überein. Da sich die Erkrankung erst mit steigendem Alter zeigt, sollte ein Screening Programm eingerichtet werden. Ein Gentest wäre wünschenswert, ist jedoch noch nicht verfügbar. Ein Screening Programm sollte für Zuchthunde auf einer jährlichen Untersuchung basieren und bis zum ausscheiden aus der Zucht fortgesetzt werden. Ein Screening Programm zur Gesundheitsvorsorge sollte für alle Dobermänner gelten, da das Risiko zu erkranken sehr hoch ist. Empfohlen werden jährliche Untersuchungen ab einem Alter von 2J., die immer ein 24h Holter EKG und eine Ultraschall Untersuchung beinhalten sollten.